Start Psychiatrie heute Seelisch Kranke Impressum

FRAU UND SEELISCHE STÖRUNG (1)

Download als PDF-Datei

Bei welchen psychischen Krankheiten sind Frauen besonders betroffen, warum, und was kann man dagegen tun?

· Kapitel 1: Einleitung

Nicht wenige seelische Störungen finden sich beim weiblichen Geschlecht deutlich häufiger als beim männlichen. Dazu gehören Depressionen, körperbezogene, Ess- und Angststörungen. Die Ursachen sind mehrschichtig: biologisch (erbliche und hormonelle Einflüsse), psychosozial (Erziehung, geschlechtsspezifisches Rollenverhalten, später die jeweiligen Verpflichtungen als Partnerin, Ehefrau, Mutter, Pflegende, Berufstätige usw.), aber auch spezifische Belastungsaspekte (seelisch, körperlich, vor allem sexuell) u. a.

Nachfolgend deshalb eine Serie über das prämenstruelle dysphorische Syndrom, über Depressionen, Manien, Angsterkrankungen, Phobien, Zwangsstörungen, Suchtkrankheiten, Schizophrenien, Somatisierungsstörungen u. a.

Seelische Störungen nehmen zu. Frauen scheinen besonders betroffen. Dies gilt allgemein, besonders aber für bestimmte Krankheiten. Es erstreckt sich von den "frauen-spezifischen" seelischen Störungen im Rahmen von Menstruation (Monatsblutung), Geburt und Menopause über den Einfluss weiblicher Sexualhormone und den weiblichen Lebenszyklus auf psychische Störungen bis zu geschlechtstypischen psychosozialen Risikofaktoren.

Tatsächlich sind nicht wenige seelische Störungen beim weiblichen Geschlecht deutlich häufiger objektivierbar (sogenannte epidemiologische Untersuchungen) als bei Männern. Beispiele: Ess-Störungen (die Anorexie, d. h. Magersucht kommt fast nur bei Frauen vor), Depressionen (etwa doppelt so häufig, und zwar von den leichten bis zu den schweren Erkrankungen), mehrere Formen der Angststörungen, sogenannte körperbezogene, auch funktionelle Befindlichkeitsstörungen genannt u.a.

Dazu scheint es Unterschiede zu geben in der Wahrnehmung sowie im Bewältigungs- und Hilfesuchverhalten von Krankheiten: sich informieren, erkennen, verstehen lernen, akzeptieren, fachliche Hilfe suchen und vor allem später auch einiges selber tun, um Rückfälle zu vermeiden. Ganz zu schweigen von der besonderen Empfindlichkeit gegenüber Medikamenten im Allgemeinen und Psychopharmaka im Speziellen. Selbst die Psychotherapie und die soziotherapeutischen Unterstützungsmaßnahmen scheinen für das weibliche Geschlecht eigene Regeln zu haben.

Welches sind die wichtigsten Ursachen?

Die Ursachen sind mehrschichtig: Zum Teil handelt es sich lediglich um scheinbare Unterschiede, die einer exakten Prüfung nicht Stand halten. Zum anderen neigen Frauen in der Tat dazu, ihre Beschwerden besser wahrzunehmen, bereitwilliger darüber zu berichten, sich schneller gezielt zu informieren und häufiger therapeutische Hilfe zu suchen (und diese auch konsequent durchzuhalten) als Männer.

Doch es gibt auch zahlreiche echte Geschlechtsunterschiede, teils biologisch, teils psychosozial, teils kulturell, meist aber zwischenmenschlich erklärbar - und vor allem sich wechselseitig beeinflussend.

Auf der biologischen Seite sind es vor allem genetische (erbliche) und hormonelle Einflüsse (z. B. Sexualhormone, die nicht nur das aktuelle seelische Befinden, sondern schon früh die Hirnentwicklung beeinflussen).

Auf der psychosozialen Seite sind es die frühen (und damit besonders einflussreichen) Unterschiede in der seelischen Entwicklung und vor allem der Erziehung von Jungen und Mädchen, was das geschlechtsspezifische Rollenverhalten prägt. Später sind es vielfältige Aufgaben und damit Verpflichtungen, z. B. als Partnerin, Ehefrau, Mutter, Haushälterin, berufstätige Frau, Pflegende für Eltern/Schwiegereltern usw. Schon jede einzelne Aufgabe kann durch zahlreiche Stress-Faktoren belastet sein und damit zu einer schleichenden Überforderung führen. Meist ist es dazu noch eine Kombination und damit Potenzierung entsprechender Stressoren, wie man heute wissenschaftlich entsprechende Belastungsfaktoren nennt.

Aus psychologischer Sicht kommen dazu mitunter noch erhebliche Rollenkonflikte durch die - oft miteinander konkurrierenden - Aufgaben, Positionen, Verpflichtungen u. a.

Nicht zu vernachlässigen sind schließlich auch Belastungsaspekte wie seelischer und körperlicher (vor allem sexueller) Missbrauch, Gewalt usw.

Schlussfolgerung

Kurz: Die Rolle der Frau in Partnerschaft, Familie, Beruf, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur ist bei näherem Studium mit der des Mannes offenbar nicht zu vergleichen - auch wenn dies bisher so nicht gesehen, interpretiert und vor allem gewürdigt wurde. In den anglo-amerikanischen Nationen (z. B. USA, Großbritannien) hat man sich bereits intensiv mit diesem Thema beschäftigt, insbesondere was die psychosozialen Einflussfaktoren anbelangt. Das ist überfällig, wenn man allein die Zunahme seelischer Störungen im Allgemeinen und den "frauen-spezifischen" Überhang psychischer Erkrankungen im Speziellen berücksichtigt.

Vielerorts wird dies aber noch nicht ernst genug genommen, geschweige denn konkret untersucht und vor allem berücksichtigt. Wahrscheinlich wird man es erst dann als Problem akzeptieren, wenn es sich in volkswirtschaftlich vermeidbaren Kosten niederschlägt (was es im Übrigen schon längst tut).

Nachfolgend deshalb eine komprimierte Übersicht in Form einer ganzen Serie über Frau und seelische Störung zu den wichtigsten seelischen Leiden, bei denen das weibliche Geschlecht besonders betroffen ist, einschließlich spezieller diagnostischer und therapeutischer Aspekte).

LITERATUR

Wichtiges, aber im deutschsprachigen Bereich wissenschaftlich noch weitgehend unbearbeitetes Thema mit deshalb auch wenig fundierter(!) Fachliteratur, was geschlechtsspezifisch unterschiedlich belastende seelische Störungen anbelangt (allgemeinverständliche Darstellung sind zwar häufiger, aber nicht immer mit den jeweils notwendigen Fachkenntnissen abgesichert).

Grundlage vorliegender Ausführungen ist

A. Riecher-Rössler, A. Rohde (Hrsg.): Psychische Erkrankungen bei Frauen. Karger-Verlag, Basel-Freiburg 2001 (dort zahlreiche spezielle Kapitel mit weiterführender - vor allem englischsprachiger - Literatur)

Weitere Hinweise siehe die nachfolgenden speziellen Kapitel über

Prämenstruelles dysphorisches Syndrom - Depressionen - Manie - Angsterkrankungen - Phobien - Zwangsstörungen - Schizophrenien - Somatisierungsstörungen - Suchtkrankheiten u. a.

Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
Beachten Sie deshalb bitte auch unseren Haftungsausschluss (s. Impressum).