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ALZHEIMER DEMENZ

"Alle wollen es werden, keiner will es sein: alt". Denn Langlebigkeit hat ihren Preis. Die Vielzahl der Beschwerden und Krankheiten wächst mit den Jahren und führt dazu, dass mehr als jeder Dritte mehrfach belastet ist. Dazu gehören auch seelische Störungen, die mit der gestiegenen Lebenserwartung deutlich zunehmen. Das sind auf der einen Seite depressive und Angst-Erkrankungen, auf der anderen hirnorganische Veränderungen im Sinne einer Demenz. Die bekannteste Demenz-Form ist die Alzheimer´sche Krankheit. Nachfolgend deshalb ein größerer Beitrag zu diesem Thema.

Wir leben wir in einer "alternden Welt". Jahrtausende hinweg betrug die durchschnittliche Lebenserwartung des Menschen 30 oder gar nur 20 Jahre. Im letzten Jahrhundert aber zeichnete sich eine biologische Revolution ab: Die mittlere Lebensdauer stieg in einmaligem Ausmaß. Zwar hat sich die Lebensspanne, d. h. die maximale Überlebenszeit des Menschen nicht verändert. Sie liegt zwischen 110 und 115 Jahren. Gewachsen ist dafür die Lebenserwartung, d. h. die durchschnittliche Zahl von Jahren, die dem Menschen bei Geburt statistisch zustehen. Allein in Deutschland liegt sie für Männer bei mehr als 71 und für Frauen bei fast 80 Jahren. Man hofft, dass sie sich in den kommenden Jahrzehnten weiter erhöhen läßt. Dies bezieht sich jedoch vor allem auf die sogenannten Entwicklungsländer. Bei den Industrienationen wird sie sich vermutlich um das 80. Lebensjahr einpendeln.

Doch derzeit bildet das "dritte Lebensalter, das man noch in mittleres (50 bis 64), höheres (65 - 74) und hohes Lebensalter (ab dem 75. Lebensjahr) untergliedern kann, die am stärksten zunehmende Bevölkerungsgruppe. In Deutschland ist die Zahl der über 65jährigen inzwischen auf über 12 Millionen angewachsen. Das ist etwa ein Sechstel der Bevölkerung. Weltweit werden die Senioren in einigen Jahrzehnten die Milliarden-Grenze erreicht haben.

Bei dieser erfreulichen Veränderung der Altersstruktur waren besonders Hygiene, bessere Ernährung sowie die Bekämpfung der Infektionskrankheiten erfolgreich, mehr als wegweisende medizinische Eingriffe. Soll die Lebenserwartung in den kommenden Jahrzehnten weiter steigen, setzt dies vor allem die Bekämpfung der beiden Haupttodesursachen voraus: Herz-Kreislaufkrankheiten und Krebs. Die Beseitigung aller übrigen Leiden scheint dagegen geringer zu Buche zu schlagen.

Trotz aller Fortschritte bleibt die Krankheit wohl auch in Zukunft das begrenzende und abschließende Element unseres Daseins. Dass ein Leben in der Regel ohne Erkrankung ausläuft, gewissermaßen mit dem Ablauf der genetisch eingestellten Uhr, ist selten. Viele der alten Mitbürger, die offenbar aus voller Gesundheit heraus versterben, weisen bei genauer Untersuchung organische Störungen auf. Nach wie vor stirbt man nicht am Alter an sich, sondern an Krankheiten. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass deren Ausmaß unerheblich erscheint und bei jüngeren Personen meist nicht zum Tode geführt hätte. Offensichtlich bedarf es im Alter mit seinen eingeschränkten Organ- und Zellfunktionen weniger ausgeprägte krankhafte Veränderungen, um das endgültige Verlöschen einzuleiten.

Auf jeden Fall hat die ersehnte Langlebigkeit ihren Preis, und der heißt Krankheit auf verschiedenen Ebenen (Multimorbidität). Die Vielzahl der Beschwerden wächst mit den Jahren und führt dazu, dass mehr als jeder dritte mehrfach belastet ist: Gefäßleiden, insbesondere Arteriosklerose der Herz- und Hirngefäße, Krankheiten der Atmungsorgane, rheumatische Leiden der Muskeln und Gelenke sowie Krebs. Vor allem aber bestimmte seelische Störungen, die mit gestiegener Lebenserwartung deutlich zunehmen. Das sind auf der einen Seite depressive und Angsterkrankungen, auf der anderen hirnorganische Veränderungen im Sinne einer Demenz.

Was heißt "Demenz"?

Der Begriff Demenz kommt vom lat.: de = Wortteil mit der Bedeutung weg, ab, herab sowie mens = Denkvermögen, Verstand, Vernunft. Unter Demenz versteht man also begrifflich einen Menschen ohne Verstand oder Vernunft, was sich auch in den drastischen volkstümlichen Bezeichnungen "Verblödung" oder "Altersblödsinn" ausdrückt.

Weitere bedeutungsgleiche oder zumindest -ähnliche Begriffe sind Altersdemenz, Altersschwachsinn, "Altersstarrsinn", Altersverwirrtheit, chronisches Hirnversagen, Dementia senilis, Senilität oder präsenile, progressive bzw. senile Demenz.

Begriffe, die nicht unbedingt vergleichbar sind, auch wenn man sie öfter in diesem Zusammenhang hört, sind Enzephalopathie, Gehirn-Durchblutungsstörungen, Hirnleistungsstörungen, hirnorganisches Psychosyndrom, psychoorganisches Syndrom, Sklerose, Verkalkung, zerebrale Insuffizienz, Zerebralsklerose oder zerebrovaskuläre Insuffizienz.

Definition und Klassifikation dementieller Erkrankungen

Demenz ist ein Sammelbegriff für den erworbenen Abbau intellektueller Funktionen oder Leistungen oder vereinfacht ausgedrückt: ein zunehmendes (und im wesentlichen unaufhaltsames) Hirnversagen. Betroffen sind aber nicht die für die vegetativen Funktionen lebensnotwendigen Teile des Gehirns (z. B. Atmung oder Kreislauf), sondern jene Regionen, die die "höheren" geistigen Funktionen, also verkürzt ausgedrückt: das Denken ausmachen.

Die Folgen einer Demenz sind ein fortschreitendes Nachlassen von Gedächtnis, Orientierung, Erkennen, schließlich auch von Erlebnisfähigkeit, Interessenumfang, Gefühl (Gefühlslabilität), Kritikfähigkeit (Kritikschwäche) und schließlich eine Wesensänderung (z. B. Vergröberung entsprechender Charaktereigenschaften). Im Endzustand drohen sogar einschneidende körperliche Behinderungen, z. B. Verlust der Kontrolle über Blasen- und Mastdarmfunktion, neurologische Ausfälle usw.

Bis vor einigen Jahren wurde jeder geistig abgebaute ältere Mensch als "Arteriosklerotiker" oder "Zerebralsklerotiker" bezeichnet. In den Lehrbüchern unterschied man bei den "degenerativen Gehirnerkrankungen" (atrophische Prozesse = Gehirnschwund) zwischen seniler und präseniler Demenz (damals Morbus Alzheimer) und den Systematrophien mit verschiedenen Krankheitsbildern (z. B. Morbus Pick, Morbus Parkinson u. a.). Inzwischen hat sich in der Klassifikation manches geändert, was zu einiger Verwirrung führte.

Derzeit werden die Demenzen noch wie folgt eingeteilt:

  • primäre oder primär degenerative Demenzen, unterteilt in
  • Pick-Krankheit: ähnlich wie die Alzheimer-Krankheit (s. u.), aber sehr viel seltener, eher um das mittlere Lebensalter und vor allem Veränderungen der Persönlichkeit betreffend.
  • Alzheimer-Krankheit, benannt nach dem Erstbeschreiber dieser Krankheit, dem bayrischen Nervenarzt Dr. Alois Alzheimer (1864 - 1914), auch als Demenz vom Alzheimer-Typ (DAT) bezeichnet, und zwar weiter unterteilbar in Typ 2 mit frühem und Typ 1 mit spätem Beginn. Einzelheiten zur Alzheimer-Krankheit siehe später.
  • Sekundäre Demenzformen bei verschiedenen Grundkrankheiten. Davon gibt es über 50, die mit einer Demenz einhergehen können. Beispiele:
  • Gefäßkrankheiten: vaskuläre Demenz, meist mit Befall kleinster Gefäße (SAE = subcortikale arteriosklerotische Enzephalopathie). Weitere Sonderformen: Morbus Binzwanger bei arterieller Hypertonie, Multi-Infarkt-Demenz (kortical), ferner bei Lues (Syphilis) mit Befall der Hirngefäße.
  • "Normaldruck"-Hydrozephalus: Störungen der Verteilung des Nervenwassers im Kopf mit Ausweitung der Hirnkammern.
  • Parkinson-Krankheit: Beweglichkeitseinschränkung, erhöhte Muskelanspannung, Zittern u. a. Mit einer Demenz muß hier in etwa einem Drittel der Fälle gerechnet werden (häufiger bei einem sogenannten akinetischen Typ, bei dem vor allem die Bewegungseinschränkungen im Vordergrund stehen, seltener bei jenen Parkinson-Kranken bei denen insbesondere das Zittern beeinträchtigt.
  • Tumore und andere raumfordernde Prozesse: Hirntumoren, Metastasen (Tochtergeschwülste aus anderen Tumoren), aber auch chronische Subduralhämatome (Blutung zwischen Schädel-Innenseite und Gehirn).
  • Kopfverletzungen: teils nach einmaligem schweren Trauma (z.B. Kopfunfall), aber auch durch zahllose kleine Traumen wie beim Boxsport.
  • Autoimmunkrankheiten: z. B. Multiple Sklerose oder systemischer Lupus erythematodes.
  • Entzündliche Krankheiten: AIDS mit Befall des Nervensystems, Tbc, Toxoplasmose u. a.
  • Weitere Krankheitsursachen: Erkrankungen von Blutbild, Leber, Nieren, Schilddrüse, Nebenschilddrüsen, ferner Vitamin- und Folsäuremangel, chronische Vergiftungen durch Alkohol, Drogen, Medikamente, Metalle, Lösungsmittel u. a. (diese Demenzformen sind teilweise rückbildungsfähig, wenn die auslösende Krankheit erfolgreich behandelt werden konnte).

Wie häufig sind dementielle Erkrankungen?

Demenzen spielen in der ersten Lebenshälfte zahlenmäßig fast keine Rolle, um dann aber im höheren und vor allem hohen Lebensalter rasch zuzunehmen. Betroffen sind inzwischen rund 5 % der Bevölkerung in Deutschland. Dies hängt jedoch vom Alter ab.

Die Häufigkeit für Demenz-Erkrankungen beträgt in der Altersgruppe der 65- bis 69jährigen 2,4 bis 5,1 %. Bei den zehn Jahre Älteren sind es bereits 10 bis 12 % und bei den über 80jährigen etwa jeder Vierte. Schließt man hier leichtere Demenzen mit ein, soll sich das sogar verdoppeln.

Frauen sind mit 70 % deutlich überrepräsentiert, was aber vor allem auf ihre höhere Lebenserwartung zurückgeht. Unterhalb 75 Jahren erkranken nämlich Männer häufiger. Beim weiblichen Geschlecht überwiegt die Demenz vom Alzheimer-Typ, beim männlichen werden mehr vaskuläre Demenzen (Gefäßkrankheiten) und Mischformen beobachtet.

Die absolute Zahl liegt in Deutschland derzeit bei etwa 850 000, wenn man nur die mittelschweren und schweren Stadien einbezieht. Nimmt man noch die leichteren Stadien hinzu, lauten die Schätzungen 1,2 bis 1,5 Millionen. Weltweit sollen es mehr als 30 Millionen sein, wobei die Milliarden-Kosten gigantische Ausmaße anzunehmen beginnen.

Von diesen Kranken leiden mehr als die Hälfte (rund 60 %) an einer Alzheimer-Krankheit und nicht ganz jeder fünfte an einer vaskulären Demenz aufgrund von Durchblutungsstörungen des Gehirns. Fast jeder Sechste muß mit einer Kombination aus Alzheimer-Krankheit und zusätzlicher vaskulärer Demenz fertig werden. Die meisten Demenz -Kranken haben also eine oder gar beide dieser Demenzformen. Der Rest der Krankheitsfälle verteilt sich auf bestimmte Leiden, meist neurologischer Art, einschließlich raumfordernder Prozesse (Tumoren u. a.) sowie unbekannte Ursachen.

Welche Ursachen hat die Alzheimer-Krankheit?

Die Hälfte der Demenzformen hat also eine nachvollziehbare Ursache: Durchblutungsstörungen des Gehirns, bestimmte neurologische Erkrankungen usw. Was aber ist mit der Alzheimer-Krankheit, über die am meisten diskutiert wird und die ja die andere Hälfte der Betroffenen darstellt? Nachfolgend eine Reihe von Überlegungen:

- Erbliche Faktoren: Das, was am meisten verunsichert, ist die Frage der Vererbung, denn dieser ist man gleichsam hilflos ausgeliefert. Tatsächlich spielen genetische Aspekte bei der Alzheimer-Krankheit eine entscheidende Rolle. Zwar treten die meisten Erkrankungsfälle scheinbar willkürlich auf, d. h. ohne erkennbare erbliche Belastung. Bei höchstens 5 % besteht eine klar erkennbare familiäre Häufung. Allerdings wurden vor noch nicht langer Zeit die Demenzen noch nicht so eindeutig unterteilt wie heute. Das heißt, so manche Alzheimer-Krankheit nach moderner Klassifikation wurde bei den Vorfahren früher einfach als "Verkalkung" oder ähnlich und damit falsch eingeordnet. Bei Frühverstorbenen konnte man überhaupt nicht sagen, ob eine entsprechende Anlage zum Tragen gekommen wäre.

Ob aber - selbst bei ererbter Anlage - das Leiden auch tatsächlich auftritt, hängt wahrscheinlich von zusätzlichen Faktoren ab. Offensichtlich ist die Alzheimer-Krankheit ein mehrschichtiges Phänomen.

Was wird sonst noch diskutiert?

- Vergiftungen mit Metallen oder anderen schädlichen Stoffen sind schon seit langem im Gespräch. Erhöhte Aluminiumwerte sind zwar wissenschaftlich kein Thema mehr, dafür scheinen aber bestimmte Umweltgifte mitbeteiligt zu sein (z. B. Lösungsmittel von Farbstoffen oder Inhaltsstoffe von Flugbenzin).

- Beteiligung des Immunsystems: Das Immun- oder Abwehrsystem des Körpers kann - gleichsam als krankhafte Verfehlung - auch Abwehrstoffe (Antikörper) gegen eigene Gewebebestandteile bilden, die dann angegriffen und ggf. zerstört werden (sogenannte Autoimmunprozesse). Das ist bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen nachgewiesen, z. B. rheumatoide oder chronische Arthritis (Gelenkrheuma) oder beim Nervensystem die Multiple Sklerose. Bezüglich der Alzheimer-Krankheit wird auf diesem Gebiet jedenfalls intensiv geforscht, weil es Hinweise auf eine mögliche Beteiligung des Immunsystems gibt. Daraus wird als aktuelle neue Behandlungsstrategie die Therapie mit Antiphlogistika (entzündungshemmenden Substanzen, z.B. Tropentophyllin) abgeleitet.

- Störungen der chemischen Überträgerstoffe (Botenstoffe, Transmitter) oder andere neurochemische Veränderungen spielen ebenfalls eine Rolle. Bei der Alzheimer-Krankheit verarmen u. a. tief im Gehirn liegende Bahnen von Nervenzellen an einem Botenstoff, dem sogenannten Acetylcholin. Unmittelbar, nachdem so ein Botenstoff seine Arbeit verrichtet hat, wird er vom Organismus abgebaut, so dass keine weiteren Informationen mehr verarbeitet werden können. Einige neue Präparate gegen die Alzheimer-Krankheit verlangsamen wenigstens den Abbau dieser krankhaft verminderten Botenstoffe.

- Durchblutungs- oder Stoffwechselstörungen wurden lange Zeit als entscheidende Ursache angenommen. Das hat sich inzwischen relativiert. Wahrscheinlich sind auch sie eher Folge als Ursache der krankheitsbedingten Veränderungen im Gehirn oder beschleunigen lediglich den Prozeß der Alzheimer-Krankheit.

- Bestimmte Krankheitserreger oder virusähnliche Strukturen waren ebenfalls im Gespräch (nicht aber die in letzter Zeit viel diskutierte Rinderseuche - BSE!). Wahrscheinlich sind sie - wenn überhaupt - nur als zusätzlicher Faktor bei Kombination mehrerer Einflüsse von Bedeutung, auf jeden Fall stehen sie wissenschaftlich zur Zeit nicht mehr zur Diskussion.

- Und schließlich wird immer wieder auf die Folgen der nachlassenden Funktionen des Nervensystems hingewiesen nach dem Motto: Wer rastet, der rostet. Das gilt natürlich auch für die Nervenzellen. Wenn sie nicht gefordert werden, büßen sie ihre Funktionsfähigkeit und damit nach und nach ihre Struktur ein (Fachbegriff: Plastizität). Tatsächlich findet man immer wieder Menschen, die nach Berufsabschluß (Verentung, Pensionierung, auch Arbeitslosigkeit) plötzlich geistig (und dann auch seelisch und schließlich körperlich) regelrecht "einbrechen". Auch das ist natürlich kein alleiniger Faktor, aber in Kombination mit anderen Ursachen durchaus denkbar.

Risikofaktoren?

Zuletzt werden immer wieder sogenannte Risikofaktoren diskutiert. Zwar gibt es auch hier kein einheitliches Meinungsbild und Risikofaktoren sind auch nicht die eigentlichen Ursachen, höchstens zusätzliche Auslöser, Verstärker oder Behandlungshindernisse. Trotzdem ist es nicht falsch, die wichtigsten von ihnen zu kennen. Dazu gehören beispielsweise

- das hohe Alter: Es ist der größte Wunschtraum, aber auch der höchste "Risikofaktor" überhaupt.

- Geschlecht: Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Doch dies scheint eher daran zu liegen, dass sie - in westlichen Nationen im Schnitt rund sieben Jahre - insgesamt älter werden. Wie schon erwähnt: Je älter, desto höher das Risiko. Ob ein Östrogenmangel nach der Menopause eine Rolle spielt, wird zur Zeit geprüft und erscheint nach den jüngsten Ergebnissen auch wahrscheinlich.

- Die erbliche Belastung mit Parkinson und anderen Krankheiten des Nervensystems. Tatsächlich haben Alzheimer-Patienten überdurchschnittlich oft einen nahen Angehörigen, der unter der Parkinsonschen Krankheit leidet. Warum und was konkret dahintersteht, ist noch unklar.

- Auch das Alter der Eltern scheint nicht unbedeutend zu sein. Ein höheres Lebensalter der Mutter bei Geburt des Kindes geht ja bekanntermaßen mit erhöhter Gefahr eines Down-Syndroms einher. Bei der Alzheimer-Krankheit scheint dies nicht zuzutreffen. Beim Vater diskutiert man sogar das Gegenteil. Ob nun die Kombination: eher junger Vater und sehr "alte" Mutter besondere Risikofaktoren darstellen, ist noch nicht untersucht.

- Dagegen scheinen vorangegangene Schädel-Hirn-Unfälle schon bedeutsamer, besonders wenn man diese Kopfverletzungen im mittleren bis höheren Lebensalter erlitten hat. Männer sind öfter betroffen. Ein besonderes drastisches Beispiel ist in diesem Zusammenhang das Sportler-Trauma, vor allem die sogenannte Boxer-Demenz. Hier gibt es ja auch tragische Beispiele von Weltruhm.

- Weitere Aspekte, die in der Demenz-Forschung diskutiert werden, sind

- Streß und andere psychosoziale Belastungen: Sie leuchten als Grund eines "vorzeitigen Abbaus" zwar ein, konnten aber bisher nicht bewiesen werden. Das gleiche gilt für den

- Bildungsgrad: Zwar wiederholt sich in vielen Untersuchungen die Erkenntnis, dass eine Alzheimer-Krankheit umso eher zu erwarten steht, je schlechter die Schulbildung ist. Wahrscheinlich versteckt sich hinter dieser Tatsache aber ein anderes Phänomen: Menschen mit höherem Bildungsgrad steigen bei einer Demenz natürlich auch von einer "höheren Ausgangslage" und damit ggf. auch über einen längeren Zeitraum ab, als solche mit niedrigerem Bildungsstand. Mit anderen Worten: Man merkt es erst später (dann aber bei Intellektuellen auch drastischer).

- Keine Ursachen für eine Alzheimer-Krankheit stellen aber Wesensart, Lebenswandel (außer natürlich selbstschädigendes Verhalten in unterschiedlichster Form), Ernährungsweise, kulturelle Einflüsse usw. dar. Zwar wird immer wieder darüber diskutiert, doch handelt es sich dabei meist um sogenannte Scheinkorrelationen, das heißt man hat nicht alle Ursachen-Verknüpfungen richtig bedacht.

Was kann eine Alzheimer-Krankheit verschlechtern?

Wenn auch über die Ursachen meist noch kontrovers diskutiert wird, so gibt es doch eine Reihe von Möglichkeiten, die den Verlauf der Alzheimer-Krankheit verschlimmern. Sie stehen mit der Krankheitsursache (die man ohnehin noch nicht genau kennt) nicht unbedingt in Verbindung, sind aber eine Zusatzbelastung und führen damit zur Verschlechterung des Gesamtbildes. Glücklicherweise sind sie meist behandelbar und deshalb nur vorübergehend von Einfluß. Was gehört dazu?

- Entzündungen mit oder ohne fieberhafte Reaktionen (z. B. Blase, Niere, Lunge usw.) sind auch bei Gesunden nicht ohne Konsequenzen und führen bei Geschwächten oder Kranken zu einer Befindensverschlechterung. Das gilt auch für die Alzheimer-Krankheit.

- Eine gestörte Versorgung des Gehirns mit Blut und/oder Nährstoffen führt ebenfalls bei jedem Menschen zu entsprechenden Einbußen, und bei solchen in reduziertem Zustand noch ausgeprägter. Beispiele: Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen, Zuckerkrankheit, Leber- und Nierenleiden u. a. Auch der schädigende Einfluß von Sauerstoffmangel auf eine bereits vorgeschädigte Zellwand ist nachvollziehbar.

- Verminderte Flüssigkeitsaufnahme (Fachsprache: Dehydratation oder Exsikkose), also Wassermangel des Organismus oder kurz: Austrocknung, führen zu Fieber, Durchfall, geistigen und seelischen Störungen. Für einen Alzheimer-Kranken wird das noch riskanter.

- Mangelernährung: Besonders alleinlebende ältere Menschen vernachlässigen sich in dieser Hinsicht kontinuierlich, worauf dann - selbst in unserer Zeit - entsprechende Konsequenzen drohen, bis hin zur Verstärkung dementieller Krankheitszeichen. Im Blut nachweisbarer Vitaminmangel ist in der Regel aber eher die Folge unzureichender Ernährung bei bereits geschwächten oder verwirrten Menschen und höchstens in extrem seltenen Fällen einmal die Ursache von Verwirrtheit selbst (z. B. bei Vitamin B 12- und Folsäuremangel).

- Erkrankungen des Gehirns: Von den schon erwähnten Kopfverletzungen über Gehirntumore bis hin zu Schlaganfällen oder Blutungen im Bereich des Kopfes können die betroffenen Nervenzellen Schäden und dadurch ein entsprechend geistiges, seelisches und/oder körperliches Defizit erleiden. Noch stärker trifft es Alzheimer-Kranke mit ohnehin schon verringerter Nervenzellenzahl.

- Genußmittel wirken ebenfalls schädlich und zwar nicht nur für Demenz-Kranke. Dies gilt vor allem für das Nikotin, aber auch für den Alkohol. Der kann zwar in kleinsten Dosen der geistigen Beweglichkeit im Alter in Einzelfällen förderlich sein, wie wissenschaftlich immer wieder diskutiert wird (vor allem Rotwein?), doch für eine Demenz bringt er nur Nachteile.

- Auch zahlreiche Medikamente können offenbar ein Risiko darstellen. Dazu gehören bestimmte Schlaf-, Schmerz und Beruhigungsmittel, Antidepressiva und Neuroleptika (Antipsychotika) sowie Lithiumsalze. Ferner bestimmte Antihypertensiva (gegen Bluthochdruck), Betablocker (z.B. als Herzmittel) und Diuretika (harntreibende Arzneimittel) sowie Spasmolytika (krampflösende Medikamente), Antibiotika, Antimykotika (Pilzmittel), Antiepileptika, Zytostatika ("Krebsmittel") usw.

Schließlich gibt es auch eine Reihe von

- Umweltgiften, denen eine Verschlimmerung der Demenz nachgesagt wird. Das sind beispielsweise Metalle wie Aluminium, Arsen, Blei, Gold, Kadmium, Nickel, Quecksilber, Thallium, Wismut und Zinn sowie organische Verbindungen: Äthylenglykol, Formaldehyd, Kohlenmonoxid, Kraft- und Treibstoffe, Methylalkohol, Schwefelkohlenstoff, Schwefelwasserstoff, Toluol, Trichloräthylen u. a. Oberbegriff für eine mögliche Schädigung durch Umweltgifte ist der sogenannte oxidative Streß. Schon im gesunden Organismus fallen sogenannte Radikale an, das sind chemisch leicht reagierende Verbindungen, die z. B. Zellwände oder Erbmaterial schädigen können. Auch die meisten sogenannten Umweltgifte haben Eigenschaften von Radikalen. Der gesunde Körper kann die Substanzen relativ gezielt unschädlich machen, bei einer Überforderung der Selbstheilungskräfte können solche zusätzlich zugeführten schädigenden Substanzen jedoch den Krankheitsprozeß der Alzheimer Krankheit möglicherweise vorantreiben.

Alzheimer-Krankeit oder normale Alterserscheinungen?

Nicht alles, was ängstlich als Krankheit interpretiert wird, ist tatsächlich Ausdruck einer Krankheit. So gehört z. B. die Vergeßlichkeit, eine lästige, ärgerliche oder gar peinliche Einbuße, zu den häufigsten Phänomenen unseres Lebens - und zwar nicht nur unter Streß oder im höheren Lebensalter. Allerdings ist ein gewisses zusätzliches Defizit "mit den Jahren" völlig normal, ja die Regel. Man kann sich dagegen stemmen (und dabei auch einiges tun), aber man kann es nicht völlig verhindern (weshalb man sich nicht ständig darüber ärgern oder gar resignieren sollte).

Und so ist es auch mit einer Reihe weiterer Symptome, die oftmals gar keine Krankheitszeichen sind, sondern normale Begleiterscheinungen des Alterns, die man gelassen hinnehmen sollte. Denn der Kummer, den man sich darüber macht, kann mehr an Kraft, Zuversicht und "Nerven" kosten als seine Ursache.

So haben auch die Fachleute immer wieder darauf hingewiesen, dass es eine "physiologische Altersvergeßlichkeit" gibt (der frühere englische Begriff lautete sogar übersetzt: "gutartige Altersvergeßlichkeit"). Heute spricht man von alters-assoziierten (mit dem Alter verknüpften) Gedächtnisstörungen, der Inhalt besagt das gleiche. Was versteht man darunter? Alters-assoziierte Gedächtnisstörungen (also "normale" Einbußen) äußern sich bei Personen über 50 Jahren in einem langsamen Beginn ohne plötzliche (!) Verschlechterung. In der Regel sind es Gedächtnisstörungen wie ständiges Verlegen von Gegenständen, Schwierigkeiten, sich Namen zu merken, Probleme, wenn mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen sind, erinnern von Telefonnummern usw., die aber die selbständige Alltagsbewältigung nicht behindern.

Wo aber liegen die Unterschiede? Als erstes muß man einige Ursachen ausschließen, die zu einer ernsteren Gedächtnisstörung aufgrund anderer Ursachen führen können. Da wäre es töricht, sich hinter "normalen Altersfolgen" zu verstecken. Es sollten also folgende Symptome oder Krankheitszeichen aufhorchen lassen:

- Delir: Bewußtseinstrübung mit Verwirrtheit, Sinnestäuschungen, Wahnideen und ggf. Erregungszuständen.

- Verwirrtheitszustand: Störungen der Orientierung, der Aufmerksamkeit, der Auffassung, ferner Störungen des zusammenhängenden Denkens und Gedächntnisses, also Rat- und Hilflosigkeit; dazu unruhig, überempfindlich, völlig passiv oder übermäßig aktiv, ja aggressiv u. a.

- echte Bewußtseinsstörung: z. B. nicht mehr aufweckbar.
Vorsicht auch bei vorausgegangenen Krankheiten des Gehirns wie die Parkinson´sche Krankheit, Schlaganfälle, Hirntumoren, Gehirnentzündungen, Durchblutungsstörungen, Kopfverletzungen (vor allem mit Bewußtlosigkeit), Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenabhängigkeit usw.

- Auch psychiatrische Erkrankungen müssen in die Überlegungen mit einbezogen werden, vor allem Depressionen und ggf. die Manie.

- Vorsicht vor allem auch bei organischen Leiden, die zu einer Verminderung der geistigen Leistungsfähigkeit führen können: Herz-, Leber-, Nieren-, Lungen-, Zucker- und andere Krankheiten sowie die (längerfristige) Einnahme von Medikamenten oder schädlichen Substanzen, die die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können (siehe oben).

Wenn das alles ausgeschlossen werden konnte, dann sollte man sich auf folgende Unterschiede konzentrieren, die die normale Altersvergeßlichkeit von einer beginnenden Alzheimer-Krankheit abzugrenzen vermögen:

- Für eine normale Altersvergeßlichkeit spricht beispielsweise ein lediglich vorübergehendes Auftreten oder wenn es sich um eine nur geringfügige Verschlechterung um Monate (oder Jahre?) hinweg handelt. Oder ein gelegentliches Vergessen bzw. das Verlegen von Kleinigkeiten wie Brille, Schlüssel, Handtasche usw., besonders wenn sie rasch wiedergefunden werden.

Normal ist auch das Vergessen von bestimmten Erlebnis- und Gedächtnisinhalten, was nicht auffallen würde, wenn man nicht ausgerechnet darauf hin gezielt angesprochen worden wäre. Normal ist es, wenn man durch Konzentration oder intensives Nachdenken schließlich Erfolg hat: Man kommt wieder drauf. Normal und üblich ist es auch, wenn man sich durch bestimmte Merkhilfen wie Notizzettel u. a. zu helfen weiß bzw. mündlichen oder schriftlichen Anweisungen folgt. Leidet man darüber hinaus an keinen nennenswerten Störungen, dann handelt es sich um eine normale Altersvergeßlichkeit.

- An eine Alzheimer-Krankheit ist zu denken, wenn die Vergeßlichkeit andauert und im Verlauf von Monaten sogar deutlich stärker wird. Oder wenn sich das Vergessen oder Verlegen häuft, insbesondere bei wichtigen Gegenständen, auf die man in der Regel besonders achtet wie z.B. auf Geldbeutel, Scheckheft, Ausweise usw. Und wenn der Betroffene große Mühe hat, das Verlegte wiederzufinden (nicht zuletzt deshalb, weil es sich plötzlich an unüblichen Plätzen befindet).

Krankheitsverdächtig ist auch das Vergessen ganzer Erlebnisbereiche oder Gedächtnisinhalte, vor allem wenn man sich trotz intensiven Nachdenkens auch später nicht mehr daran erinnern kann. Bedenklich ist auch der Zustand, wenn selbst Notizzettel und Merkhilfen nichts mehr nützen. Das gleiche gilt für mündliche oder schriftliche Anweisungen. Und aufhorchen lassen sollten zusätzliche Störungen von Denk- und Urteilsvermögen, von Orientierung, Benennen oder Erkennen, von Geschicklichkeit, Lesen, Schreiben, Rechnen sowie deutliche Defizite in bezug auf Antrieb, Aufmerksamkeit usw.

Treten ernstere Gedächtnis-, Wortfindungs- und Orientierungsstörungen auf und wird es schwierig, Gegenstände zu benennen, muß man an eine Demenz denken. Die Betroffenen formulieren das meist vage, aber konstant verunsichert: "Irgendetwas stimmt mit mir nicht".

Wie beginnt eine Alzheimer-Krankheit?

Die wichtigste Antwort auf diese Frage lautet: unmerklich. Weder die Betroffenen noch ihre Angehörigen, Mitarbeiter und Freunde können einen genauen Zeitpunkt angeben - und wenn, dann ist es ein nur scheinbar plötzlicher Beginn, meist unter besonders belastenden Umständen: Krankheit oder Tod eines nahen Angehörigen, Wohnungs- oder Wohnortwechsel, Unfall, Operation, körperliche Erkrankung, Krankenhausaufenthalt oder sonstige Belastungen. Und in diesem Fall handelt es sich wahrscheinlich auch nicht um einen plötzlichen "Demenz-Ausbruch", sondern um den Wegfall gewohnter und vor allem kompensatorischer Stützen, seien sie zwischenmenschlicher, seien sie organisatorischer Art.

Der wichtigste Merksatz lautete noch einmal: Die Alzheimer-Krankheit beginnt in der Regel schleichend. Besondere Belastungen können jedoch zur "Demaskierung" eines schon länger bestehenden, aber von Patient und Umgebung bisher nicht realisierten Krankheitsverlaufs beitragen.

Das heißt nun aber nicht, dass man ständig zwanghaft-ängstlich auf jedes Symptom achten muß, das vielleicht ganz andere Ursachen haben oder zur normalen Vergeßlichkeit gehören kann. Andererseits ist es nicht falsch, einige Warnhinweise zu kennen:

Die häufigste Umschreibung, die bereits angeführt wurde, ist natürlich unspezifisch: "Irgend etwas ist mit mir nicht mehr in Ordnung". Dann: "Das eine oder andere geht nicht mehr so rasch von der Hand". Konkreter wird es mit den Klagen: "Manchmal fallen mir bestimmte Wörter nicht mehr ein" oder "neuerdings kann es vorkommen, dass ich mich auch an Wichtiges nicht mehr erinnere - oder erst nach einiger Zeit oder mit "Eselsbrücken" oder "anderen Hilfen". Da aber in Beruf oder Haushalt noch keine nennenswerten Probleme auftreten, werden solche Ausfälle bedauert, aber nicht sorgenvoll hingenommen oder gar verdrängt.

Dem Hausarzt werden sie wohl geklagt, doch der kann nichts feststellen. Also kommt es zu den entsprechenden Empfehlungen wie "Ausspannen", "Urlaub", "arbeitserleichternde Maßnahmen" usw. So etwas nützt aber nichts mehr, wenn sich langsam ernstere Probleme einstellen, vor allem dort, wo man früher überdurchschnittliche Leistung gezeigt (z. B. Beruf) oder Freude "getankt" hat (Freizeit). Besonders auffällig: Kommen mehrere Belastungen oder auch nur Anforderungen zusammen, die früher problemlos bewältigt wurden, drohen jetzt größere Mißgeschicke oder gar Pannen. Das betrifft einerseits das Berufsleben, andererseits den Haushalt (z. B. Besuch) oder Reisen. Das Ergebnis ist Irritation, Ratlosigkeit, ggf. Niedergeschlagenheit, Resignation oder gar Hilflosigkeit.

Interessanterweise fallen die ersten Symptome dem näheren Umfeld (Berufskollegen, Familien, Nachbarn) weniger auf als jenen, die den Betroffenen zuletzt vor einiger Zeit gesehen haben. Die einen bagatellisieren die kleineren Ausfälle oder haben sich angewöhnt, hilfreich einzuspringen, den anderen wird der Unterschied dafür umso drastischer vor Augen geführt. Ihr Urteil reicht deshalb von: "Was ist denn mit dem los?" bis zu "der hat aber abgebaut".

Deshalb ist es wichtig, sich die häufigsten Erst- oder Warn-Symptome und ihre Folgen zu merken:
- Nachlassen von Gedächtnis, Urteilsfähigkeit und Orientierung
- Störungen von Sprache, Erkennen und Benennen
- zunehmende "Ungeschicklichkeiten"

Oder auf den Alltag übertragen:
- Vergessen von kurz zurückliegenden Ereignissen
- Schwierigkeit, sich in unvertrauter Umgebung zurechtzufinden
- Probleme bei der Ausführung gewohnter Tätigkeiten
- Nachlassendes Interesse an Arbeit oder Hobbys
- Schwierigkeiten bei alltäglichen Entscheidungen

Und die Folgen:
- Gleichgültigkeit und Trägheit
- Unruhe, Gespanntheit, Fahrigkeit
- Unduldsamkeit, Reizbarkeit, Aggressivität
- Niedergeschlagenheit, Resignation und Hoffnungslosigkeit
- wahnhafte Reaktionen
- Wesensänderung
- Neigung zur ständigen Wiederholung von Bemerkungen, Fragen usw.

Dazu kommen als weitere organische Störungen
- die Tag-Nacht-Umkehr (tags dösig, nachts umtriebig)
- Störungen von Wasserlassen und Stuhlgang.

Versucht man das Ganze nach Häufigkeit zu ordnen, vor allem im Rückblick von Patienten und Angehörigen, so stehen

- mit Abstand an erster Stelle Gedächtnis- und Orientierungsstörungen in fast zwei Drittel aller Fälle,
- gefolgt von Problemen bei der Arbeit bei jedem fünften Betroffenen,
- einer wachsenden Persönlichkeitsänderung bei ebenfalls jedem fünften Patienten sowie
- Leistungsrückgang,
- körperliche Beeinträchtigungen,
- Probleme beim Autofahren,
- Schwierigkeiten im Umgang mit Geld

in jeweils mehr als jedem zehnten Fall.

Das sind zwar hilfreiche Hinweise, aber nur Stichworte. Wie äußert sich dies beispielsweise im konkreten Alltag? Nachfolgend deshalb einige praxisbezogene Beispiele:

Das Alzheimer-Beschwerdebild - eine Übersicht

Die Symptome einer Alzheimer-Krankheit sind nicht bei jedem Patienten gleich häufig und stark anzutreffen. Sie hängen in gewissen Grenzen nicht nur von Ausmaß und Ausbreitung der erwähnten Gehirn-Veränderungen ab, sondern auch von der jeweiligen Persönlichkeitsstruktur, von Ausbildungsniveau, Lebensumständen, körperlicher Verfassung und den Unterstützungs-Möglichkeiten der Umgebung. Dennoch gibt es einige typische Erkennungsmerkmale. Dem Arzt stehen dabei bestimmte Testverfahren und weitere Untersuchungsmöglichkeiten zur Verfügung, die Angehörigen, Freunde und Arbeitskollegen müssen das eher aus dem Verhalten schließen.

Moderne Klassifikationen schreiben folgende Erkennungsmerkmale des Demenz-Syndroms vor:

Kognitive Störungen

Zu den wichtigsten kognitiven Störungen (vom lat.: cognoscere = erkennen) gehören:

- Abnahme der Gedächtnisleistung: Die Gedächtnisstörungen betreffen vor allem die Speicherung neuer Informationen. Die Betroffenen vergessen den Inhalt von Gesprächen innerhalb von Minuten. Sie können sich an den Ablauf des zurückliegenden Tages nicht mehr erinnern oder stellen immer wieder dieselben Fragen. Dabei muß die Erinnerung an lange zuvor Erfahrenes und Gelerntes nicht (deutlich) beeinträchtigt sein.

- Abnahme der Urteilsfähigkeit und des Denkvermögens: Damit meint man die Fähigkeit, zwischen verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten abwägen, Probleme erkennen und Lösungen finden zu können. Dabei ist das prämorbide Niveau, also vor der (ohnehin schleichend begonnenen) Erkrankung häufig schwer abzuschätzen. Man kann es aber aus dem Grad der Schulbildung, der sozialen Stellung, der beruflichen Qualifikation des Betroffenen halbwegs ableiten.

- Störungen der Sprache (Aphasie): Sie äußert sich z. B. in Wortfindungsstörungen, in Schwierigkeiten beim Benennen von Gegenständen, in einem reduzierten Mitteilungsgehalt sowie erschwertem Verständnis der gesprochenen und geschriebenen Sprache, später auch in Fehlern der Grammatik und der Lautbildung.

- Störungen der Handhabung von Objekten (Apraxie): Hier sind es vor allem Schwierigkeiten beim Ankleiden oder Benutzen von Geräten (z. B. in der Küche) und Werkzeugen (in Garage oder Hobbyraum).

- Störungen des Erkennens von Objekten (Agnosie): Sie werden vor allem deutlich durch eine ungewöhnliche Ratlosigkeit, und zwar angesichts von alltäglichen Gegenständen, bis hin zum Nichterkennen vertrauter Personen.

- Störungen der räumlichen Leistungen: Sie erkennt man an Schwierigkeiten beim Zeichnen, an Rechts-links-Verwechslungen und an Fehlern, die ein Raum-Verständnis erfordern, z. B. beim Knoten einer Krawatte oder beim Parken eines Autos.

Nicht-kognitive Störungen

- Verminderung der Affektkontrolle: persönlichkeitsfremde d.h. für den Betroffenen eine bis dahin untypische, persönlichkeitsfremde Reizbarkeit, Rührseligkeit oder rasche Schwankungen der Stimmungslage.

- Verminderung des Antriebs: meist als Aspontaneität ("reagiert kaum mehr spontan") und vermehrte Abhängigkeit von äußeren Anregungen.

- Störungen des Sozialverhaltens: insbesondere persönlichkeitsfremde Taktlosigkeit, Verletzung sittlicher Normen, mangelnde Rücksichtsnahme, aber auch vermehrte Anhänglichkeit ("Klammern") und (blinde) Gefolgsbereitschaft.

Wie äußert sich eine Alzheimer-Krankheit im Alltag?

Nachfolgend nun eine alltagsbezogene Übersicht der wichtigsten Symptome in Stichworten, die im Rahmen einer Demenz im allgemeinen und bei der Alzheimer-Krankheit im speziellen vorkommen können:

Seelische, geistige und psychosoziale Symptome

  • Gestörte Erinnerung an kurz zurückliegende Einzelheiten (Kurzzeitgedächtnis) wie Gespräche, Besuche, Art der letzten Mahlzeit, eigene Tätigkeiten usw.
  • Später auch Störungen des Langzeitgedächtnisses (Schulzeit, frühe Erwachsenenjahre).
  • Verlust der Fähigkeit, die Vergangenheit und Gegenwart zeitlich und inhaltlich auseinanderzuhalten.
  • Orientierungsstörungen: wie man heißt, wo man wohnt oder sich gerade aufhält, wann geboren, wie alt, welcher Tag, welche Uhrzeit (wacht nachts auf und verlangt das Frühstück) usw.
  • Schwierigkeiten, Dinge wiederzufinden, vom Hausschlüssel bis zum geparkten Auto, oder nicht mehr wissen, wo und in welche Richtung man fahren muß ("Geisterfahrer").
  • Schließlich einfache Aufgaben nicht mehr angemessen lösen können, trotz konkreter mündlicher und schriftlicher Anweisungen.
  • Rasche Ermüdbarkeit bis hin zur völligen Kraftlosigkeit. Die Sprache wird immer ungenauer, mit Füllwörtern "geflickt" ("Dingsda"; "na, Du weißt schon was" usw.). Dazu vermehrt Umschreibungen, Wortwiederholungen und vor allem Wortfindungsstörungen.
  • Zuletzt Störungen des Sprachverständnisses und der Sprachproduktion.
  • Störungen des Benennens: anfangs dicht danebenliegende Bezeichnungen, später gröbere Benennungsfehler. Die entsprechenden Namen oder Be-zeichnungen fallen im Gespräch oder auf Vorhalten der Objekte nicht mehr ein.
  • Handlungsstörungen: Die Betroffenen wissen oft, was sie tun wollen, können ihre Absicht aber nicht realisieren. Folge: Probleme mit Schriftbild, Körperpflege, An- und Auskleiden, Essen und Trinken, Hobbys u. a.
  • Störungen des Erkennens: Selbst altbekannte Personen und Gegenstände werden nicht mehr erkannt.
  • Auf normale Sinnesreize (Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken, Riechen) kann nicht mehr adäquat reagiert werden.
  • Lese-, Schreib- und Rechenstörungen.
  • Antriebsstörungen: nachlassende Willenskraft, sich ein Ziel zu setzen und dieses gleich zu verfolgen. Die meisten Bewegungsabläufe sind verlangsamt (besonders an den Händen). Dafür dauernde Bewegungsunruhe mit "Nesteln und Herumfingern", ständiges Spielen mit Taschentüchern, Stiften, Besteck, fahrige Gesten, Auflesen von Flocken, Fäden usw.
  • Gemütsstörungen: anfängliche Irritation, Niedergeschlagenheit, Resignation, schließlich Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, zuletzt ernstere depressive Zustände. Dazu fast immer Angst (Zukunftsangst, diffuse Angst, "Angst vor ich weiß nicht was" usw.). Aber auch Reizbarkeit, Aggressivität, ja Wutausbrüche, schließlich gemütsmäßig schwankend, emotional flach, hin- und hergerissen, stimmungsmäßig leicht beeinflußbar und ablenkbar bzw. umstimmbar.
  • Hypochondrische Befürchtungen vor irrealen seelischen, vor allem aber körperlichen Beeinträchtigungen.
  • Sinnestäuschungen: Trugwahrnehmungen beim Sehen (sieht sich z. B. im Fernsehen auftreten), Hören (Geräusche, Stimmen), Schmecken (übersüßt, versalzen), Riechen (Fäulnis, Gas), Tasten (Mißempfindungen bis hin zur Gewalteinwirkung).
  • Wahnvorstellungen: ein meist reizbar-mißtrauisches bis aggressiv-feindseliges Verhalten, vor allem nach außen gerichtet. Beispiele: "fremde Person im eigenen Zimmer oder Bett", "Diebstahl", "Untreue" (des aufopfernd pflegenden Partners) usw. Folge: entsprechende Reaktionen wie Verstecken von Habseligkeiten, Zurückweisung alter Freunde, Brüskierung von Angehörigen etc., die sich - als gefährliche Konsequenz - dann natürlich nach und nach zurückziehen. Der Patient gerät dadurch noch stärker in die Isolation.

Weitere seelische und psychosoziale Auffälligkeiten sowie Verlaufs-charakteristika

  • Je nach Persönlichkeitsstruktur bzw. Verlaufsform beteht anfangs der verzweifelte Versuch, das geistig-seelische Defizit zu überspielen und sich unverändert Aufmerksamkeit und Zuwendung zu sichern (was häufig respektlos, aber nicht ganz unzutreffend beschrieben wird mit: "liebenswürdige Verblödung"), später zunehmend resigniert, niedergeschlagen, verzweifelt und depressiv.
  • Auch Versuch, alle Einbußen zu verleugnen, in Abrede zu stellen, ggf. anderen anzulasten (Abwehr, Fehlleistungen nicht realisiert, Scham), schließlich jedoch zunehmende Gleichgültigkeit.
  • Zuletzt häufig (jedoch nicht grundsätzlich) keine Schuldgefühle mehr zu erwarten, eher Bagatellisierungs- und Vertuschungsversuche ("mißliche Umstände", andere Personen schuld).
  • Neigung zu Gedächtnislücken wird durch Erzählen zufälliger Einfälle oder Geschichten überspielt, sogenannte Konfabulationen.
  • Anfangs um Freundlichkeit bemüht (s. o.), später zunehmend ungeduldig, reizbar, mißgestimmt, wütend, rasch erregt, mitunter auch ironisch bis sarkastisch. Bei allem eine sonderbare Atmosphäre der Unverbindlichkeit um sich verbreitend (Fehlurteil: Arroganz). Dann ist die Stimmung weniger bedrückt bis gequält, eher gleichgültig bis frostig-"wurstig".
  • Teils (vor allem anfangs) Minderwertigkeitsgefühle bis Verzweiflungsausbrüche, teils (insbesondere im weiteren Verlauf) immer unkritischere Selbstüberschätzung, bisweilen sogar überhöhte Selbstanforderung, manchmal groteske Kompensationsversuche.
  • Plötzlich ausbrechende Angst- oder Panikzustände ohne Grund (geht auf Überforderung oder Unfähigkeit zurück, zwischen realer Situation und subjektiver Scheinwelt zu unterscheiden). Folge: sogenannte Katastrophen-Reaktionen.
  • Ferner bizarre Schusseligkeit, unfaßbare Vergeßlichkeitsszenen, schließlich völlig verwirrt und desorientiert.
  • Erhöhtes Selbsttötungsrisiko, vor allem zu Beginn einer dementiellen Entwicklung, wo die seelisch-geistigen und später körperlichen Defizite noch (voll) registriert werden.

Körperliche Krankheitszeichen

  • Ausgeprägte nächtliche Unruhe mit ratlosem Umhergeistern (desorientiert), zunehmender Verwirrtheit oder gar lautstarken Erregungszuständen (Schreien, Herumfuchteln, Wegdrängen).
  • In der Frühphase typischerweise keine neurologischen Symptome, später Auftreten bestimmter Muskelverspannungen, Muskelzittern, unregelmäßige Muskelzuckungen u. a.
  • Gang-, Bewegungs- und Koordinationsstörungen.
  • Nachlassen von Riech- und Geschmackssinn.
  • Gestörtes Erkennen von Form und Beschaffenheit eines Gegenstandes durch Betasten mit geschlossenen Augen oder von Buchstaben oder Zahlen, die auf die Haut geschrieben werden.
  • Schwierigkeiten, einen bestimmten Gegenstand oder Punkt längere Zeit zu fixieren, beeinträchtigte Augenbewegungen.
  • Unsicherheiten im neurologischen Zeigeversuch.
  • Verlust der Kontrolle von Blasenentleerung und Stuhlgang.
  • Ggf. Krampfanfälle (etwa jeder 5. Patient?).

Wie kann man eine Depression von einer Demenz unterscheiden?

Die beiden seelischen Störungen, über die in letzter Zeit am meisten diskutiert wird, sind die Depression und die Demenz. Dies liegt einerseits an ihrer offensichtlich wachsenden Häufigkeit, andererseits an dem beklagenswerten Beschwerdebild und drittens an dem Problem, dass sich beide Leiden sehr ähneln können, zumindest zeitweise (unabhängig davon, dass man im höhe-ren Lebensalter sowohl eine Depression als auch eine Demenz zugleich bekommen kann).

Auch wenn es viele Parallelen zu geben scheint, so hilft doch eine Unterscheidungsmöglichkeit fast immer weiter: Eine Depression verschwindet in den meisten Fällen wieder, und es bleibt von ihr (fast) nichts zurück, wenn sie richtig und lange genug behandelt wird. Bei einer Demenz sind die Aussichten weit weniger günstig, sie schreitet in der Regel fort. Natürlich gibt es Ausnahmen in beiden Fällen (therapieresistente oder chronische Depression, rechtzeitig erkannte und behandelte, vor allem aber rückbildungsfähige dementielle Entwicklung, wenn sie auf eine erfolgreiche behandelbare andere Krankheit zurückgeht), doch im allgemeinen gilt die Regel: Eine Depression geht vorüber, eine (Alzheimer)Demenz bleibt. Dieses Unterscheidungskriterium ist aber nur rückblickend möglich.

Gibt es nun während der depressiven oder dementiellen Entwicklung, vor allem aber zu Beginn, wo man noch am ehesten therapeutisch eingreifen kann, entsprechende Unterscheidungs-Hinweise? Sie gibt es. Sie sind zwar nicht einfach, weshalb es grundsätzlich einer (nerven-)ärztlichen Unterstützung bedarf, doch können sie auch die Angehörigen erfolgreich, weil rechtzeitig nutzen.

Wie unterscheidet sich nun eine sogenannte depressive Pseudo-Demenz, heute als kognitive Störung bei Depression bezeichnet, die also wieder vergeht, wenn der depressive Zustand abgeklungen ist, von einer Alzheimer-Demenz, die man zwar therapeutisch verlangsamen, im allgemeinen aber nicht mehr aufhalten kann?

Unterscheidungs-Kriterium

"depressivePseudo-Demenz"

Alzheimer-Demenz

Alter

jedes (Erwachsenen-) Alter

Meist ab höherem Lebensalter,z. B. 7. Lebensjahrzehnt

Beginn

zeitlich umschriebener, eher rascher Beginn

Beginn schwer erkennbar, eher langsam, unmerklich, schleichend, über Monate bis Jahre

Dauer

relativ kurze Dauer, nicht länger als einige Monate, im höheren Lebensalter ggf. länger

lange Dauer, letztlich keine dauerhafte Rückbildung erkennbar, bleibend, chronisch

Verlauf

Depression wird relativ schnell schwerer

Demenz schreitet langsam voran, wird aber stetig schlechter

Vorgeschichte

seelische Störungen schon in frühen Jahren, z. B. Depression, Schlafstörung, Angstzustände

Seelische Störungen früher eher selten, vor allem kaum Depressionen und Angst

Betroffenheit

Patient ist sehr betroffen über seinen Zustand

Patient beklagt sich eher über andere oder mißliche Umstände

Klagsamkeit

ausgeprägte Klagen über die Beschwerden

eher Neigung, alles zu verharmlosen

Verhalten

Patient ist besorgt, zurückhaltend, unsicher anderen gegenüber

Keine spürbare Unsicherheit anderen gegenüber, meist unbesorgt, ja fordernd

Tag-Nacht-Rhythmus

morgens oft schlechter als nachmittags, sonst weitgehend gleichbleibende Gemütsstörung

vor allem nächtliche Unruhe mit Verwirrtheitszuständen

Defizit-Realisation

Pat. ist sich des Verlustes seiner geistigen Fähigkeiten schmerzlich bewußt

Patient nimmt Gedächtnislücken nicht (mehr) wahr oder bemüht sich, sie zu überspielen

Leistungsfähigkeit

Patient fühlt sich durch alles überfordert, kann es mit großer Anstrengung aber noch halbwegs leisten

Patient bemüht sich, weitere Aufgaben zu übernehmen, obwohl er schon mit den alten nicht fertig wird

Gedächtnisstörungen

wenn "Gedächtniseinbußen", dann allgemeiner Art

Kurz zurückliegende Ereignisse werden schlechter erinnert als länger zurückliegende

Aufmerksamkeit und Konzentration

Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit bleiben, wenn auch mühsam, weitgehend erhalten

Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit gehen langsam, aber unbeeinflußbar zurück

Antwort-Schema

typische Antwort: Ich weiß es nicht mehr u. a.

fast richtige Antworten, aber eigentlich immer häufiger am Thema vorbei

Orientierungsfähigkeit

Patient findet sich in seiner Umgebung zurecht

Patient verirrt sich zunehmend, selbst in vertrauter Umgebung

Angstzustände

Angstzustände, vor allem Zukunftsangst und Versagensängste

Keine Versagensängste, später höchstens ängstliche Verwirrtheit

Schuldgefühle

Schuldgefühle besonders wegen angeblicher Versäumnisse und Leistungseinbußen

fast nie Schuldgefühle, eher Neigung zu Verharmlosung, Beschönigung oder Beschuldigung anderer

Stimmung

gleichbleibend depressiv, bisweilen Morgentief mit abendlicher Aufhellung (umgekehrt seltener)

Stimmung wechselnd, leicht umstimmbar, Gesamtzustand oft bei abendlicher Ermüdung schlechter

Rückzug

zunehmende Rückzugsneigung und damit Isolationsgefahr

Patient versucht die sozialen Kontakte anfangs aufrecht zu erhalten

Schlaf

Ein- und Durchschlafstörungen sowie Früherwachen, aber keine nächtliche Verwirrtheit

Zunehmend nächtliche Unruhe bis Verwirrtheit

Freude

Patient empfindet trotz gelungener Aufgaben keine "rechte Freude"

Freude bei selbst einfachsten Aufgaben, mitunter fast peinlich

Wahnideen

depressiver Schuld- oder Krankheitswahn

Kombination aus wahnhaftem Erleben, Scham und Gedächtnisstörungen, z. B. Bestehlungswahn

Sexualität

während des depressiven Zustandes Libido- und Potenzstörungen

bis zum fortgeschrittenen dementiellen Zustand eher ungestört, bisweilen aber auch persönlichkeitsfremde sexuelle Enthemmung

kognitive Störungen

keine geistigen Einbußen nachweisbar

in zunehmendem Maße Beeinträchtigung bezüglich Sprache, Lesen, Schreiben, Rechnen usw.

Körperpflege

in der Regel unauffällig, wenngleich nur mit erheblicher Anstrengung

Wachsende Vernachlässigung

Organbefunde

keine krankhaften Organbefunde

Körperliche Störungen zunehmend objektivierbar

Beschwerdeschilderung

häufig, verzweifelt, mehr oder weniger genaue Beschwerdeschilderung (vor allem auf Vorgaben)

Ungenaue Beschwerdeschilderungen

antidepressive Medikation

zumeist erfolgreich, nicht zuletzt was Merk- und Konzentrationsstörungen anbelangt

Hilfreich, falls reaktives demenz-abhängiges Stimmungstief vorliegt, sonst kein Einfluß auf Merk- und Konzentrationsstörungen

Schlafentzug

therapeutischer Schlafentzug führt zumindest zu vorübergehender Besserung

Therapeutischer Schlafentzug verschlechtert das Krankheitsbild

Angehörige und Arztbesuch

Angehörige drängen nach einiger Zeit auf Arztbesuch, Patient fügt sich in der Regel

Angehörige reagieren (zu) lange nicht, empfehlen auch lange keinen Arztbesuch, würden damit beim Patienten auch kaum auf Gegenliebe stoßen

Wie verläuft eine Alzheimer-Krankheit?

Aus der pragmatischen Sicht der Gerontopsychiatrie (also jener Spezial-Disziplin der Psychiatrie, die sich mit den seelischen Störungen des älteren Menschen befaßt), läßt sich die Alzheimer-Krankheit in fünf Stadien einteilen:

- Sehr geringer bis geringer Beeinträchtigungsgrad: Vergeßlichkeit (Namen, Dinge); gelegentliche Wortfindungsstörungen; schließlich stärkeres Nachlassen der Merkfähigkeit (Lesen, Wiederfinden verlegter Gegen-stände); Versagen bei beruflichen Anforderungen; verstärkte Probleme bei bekannten Situationen.

- Mäßige Störung: schlecht informiert über aktuelles Geschehen; Probleme beim Lösen schwieriger Aufgaben (Umgang mit Geld, Einkaufen, Verreisen usw.); nachlassende Aktivität; Vermeidung von Konkurrenzsituationen.

- Mittelschwere Störung, Beginn der eigentlichen Demenz: Unfähigkeit, sich an wichtige Dinge des öffentlichen Lebens zu erinnern (eigene Telefonnummer, Adressen, Namen von Verwandten); Probleme bei der Auswahl passender Kleidungsstücke; u. U. Vernachlässigung der Körperpflege; auf die Hilfe Dritter angewiesen.

- Schwere Störungen: Schwierigkeiten, sich sogar an den Namen des Lebenspartners zu erinnern; keine bewußte Wahrnehmung der Umwelt mehr; vollständige Abhängigkeit von der Hilfe Dritter; u. U. Kontrollverlust für Blasenentleerung und Stuhlgang.

- Sehr schwere Störungen: extreme Verminderung des Wortschatzes mit weitgehendem Verlust der Sprachfähigkeit; Probleme beim Sitzen, schließlich Geh-Unfähigkeit; häufig Kontrollverlust für Blasenentleerung und Stuhlgang (manchmal aber auch schon deutlich früher), im Endstadium oftmals "Auszehrung" (Fachbegriff: Kachexie), Muskel-Kontrakturen (Ver-krampfungen) usw.

Noch kürzer ist die Einteilung in drei Stadien, wie sie derzeit am häufigsten vorgenommen wird:

- Erstes Stadium: leichtgradige, meist kaum bemerkte Symptome, die "lediglich" zu einer Beeinträchtigung komplexer Tätigkeiten im täglichen Leben führen können. Beispiele: Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt (der Betroffene wiederholt Sätze oder Tätigkeiten, die er gerade zuvor gesagt oder getan hat). Wortfindungs-Störungen und mangelhafte Präzision des Ausdrucks. Nachlassen des Denkvermögens, vor allem schlußfolgern und urteilen. Erste örtliche Orientierungsstörungen, z. B. Zurechtfinden in nichtvertrauter Umgebung. Zunehmende Passivität, wenn nicht gar Untätigkeit. Beginnende Störungen der örtlichen Orientierung (Datum und Uhrzeit). Folge: Beschämung, Angst, Wut oder Niedergeschlagenheit.

- Zweites Stadium: Beschwerdebild so ausgeprägt, dass eine selbständige Lebensführung nur noch mit erheblichen Einschränkungen möglich ist, in der Regel nur noch mit Unterstützung durch andere. Beispiele: wachsende Gedächtnisstörungen, z. B. Vergessen der Namen selbst vertrauter Personen. Schwierigkeiten beim Ankleiden, im Bad, bei Mahlzeiten, auf der Toilette u. a. Örtliche Orientierung deutlich beeinträchtigt, sogar in der eigenen Wohnung. Außerhalb des Hauses Gefahr des Verirrens und Umherirrens. Erstmals Sinnestäuschungen (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken) oder illusionäre Verkennungen realer Objekte. Zunehmende Unruhe, zielloses Umherwandern, Aus-der-Wohnung-Drängen. Neben der rastlosen Umtriebigkeit aber auch gelegentlich völlige Untätigkeit. Verlorenes Zeitgefühl (Vergangenheit und Gegenwart sind nicht mehr unterscheidbar).

- Drittes Stadium: selbständige Lebensfähigkeit aufgehoben, vollständig von Angehörigen oder anderen Bezugspersonen abhängig. Die Sprache reduziert sich auf wenige Wörter, das Gedächtnis kann keine neuen Informationen mehr speichern. Selbst nahe Angehörige werden immer öfter nicht mehr erkannt oder verkannt. Beispiele: Probleme beim Essen, selbst mit Hilfe. Unfähigkeit, Familienmitglieder zu erkennen. Vorn übergebeugt, Gang kleinschrittig und schleppend. Sturzgefahr. Kontrollverlust über Blase und Darm. Gefahr von Krampfanfällen, Schluckstörungen u. a. Verfall der körperlichen Kräfte, bettlägerig, Infektionsgefahr (häufige Todesursache: Lungenentzündung).

Was kann man gegen eine Alzheimer´sche Erkrankung tun?

Wenn auch immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass eine Reihe von dementiellen Erkrankungen zu einer kontinuierlichen Verschlechterung ohne wesentliche Einflußmöglichkeiten zu führen pflegt, so heißt das noch lange nicht, dass man

1. überhaupt nichts mehr machen soll und kann (Stichwort: therapeutische Resignation),
2. keine Möglichkeiten auf medikamentöser Ebene hätte,
3. mit "Milieu"-, psycho- und soziotherapeutischen Maßnahmen nichts mehr erreichen könnte.

Im Gegenteil. Gerade die Kombination aus Pharmakotherapie, Psychotherapie sowie Soziotherapie, konsequent und professionell eingesetzt, kann den Fortgang des Leidens, vor allem aber die Geschwindigkeit des "Abbaus" erheblich eindämmen bzw. verlangsamen.

Entscheidend für die Betreuung von Demenz-Erkrankungen sind Konsequenz, Geduld, Nachsicht und die "Freude an kleinen Erfolgen".

Welche Möglichkeiten gibt es? Nachfolgend eine Kurzfassung therapeutischer Empfehlungen einschließlich jener seelischen Störungen, die im Rahmen einer Demenz zusätzlich zu behandeln sind.

Medikamentöse Behandlung

Von der Pharmakotherapie, also der Behandlung mit entsprechenden Arzneimitteln ist am häufigsten die Rede und wird wohl auch am meisten erwartet. Dies steht - zumindest beim derzeitigen Stand der Forschung - im Gegensatz zu den realen Möglichkeiten. Zwar gibt es ständig medikamentöse Neuentwicklungen, die dann auch für entsprechendes Aufsehen sorgen, doch muß man eines immer wiederholen: Vorsicht vor "sensationellen Therapieverfahren", insbesondere vor spektakulären Arzneimitteln gegen die Demenz im allgemeinen und die Alzheimer-Krankheit im speziellen. Es gibt sie (noch) nicht!

Das günstigste - und das sei schon hier vorweggenommen - ist eine regelmäßige ärztliche Kontrolle, eine konsequente pflegerische Betreuung, ein klar strukturiertes Umfeld (z. B. Altentagesstätte), ein möglichst immer gleicher Tagesablauf, kein Ortswechsel (auch kein aufwendiger Urlaub, selbst wenn er früher zum Stil des Betroffenen gehörte, auch keine Kuren und Krankenhausaufenthalte nur, wenn notwendig). Ferner kurze, einfache Sätze (oft wiederholt) sowie die schon erwähnten Aspekte: Geduld, Nachsicht und Freude an kleinen Erfolgen.

Das heißt allerdings nicht, dass es keine pharmakotherapeutischen Hilfen gäbe, es existiert zur Zeit eben keine ursächlich ansetzende Arzneibehandlung. Hier muß man unterscheiden zwischen der Pharmakotherapie seelischer Begleitsymptome und dem medikamentösen Versuch, das sogenannte kognitive Kern-Syndrom zu behandeln, also im wesentlichen Gedächtnis, Urteilsfähigkeit, Orientierungssinn und ihre direkten und indirekten Folgen im Alltag.

Pharmakotherapie seelischer Begleitsymptome

Die geistigen Einbußen fallen als erste auf. Sie sind aber nicht das einzige Defizit, manchmal nicht einmal das Schwierigste. Mehr als drei Viertel aller Patienten mit einer Demenz leiden an sogenannten seelischen Begleitsymptomen. Das sind

  • unruhig-gespanntes, nervöses, fahriges Verhalten (Fachbegriff: Agitiertheit)
  • Neigung zu Reizbarkeit und aggressiven Durchbrüchen
  • Schreien
  • ständiges Umherlaufen
  • Depressivität, vor allem mit wachsender Gefühllosigkeit und Teilnahmslosigkeit und einer Art passiven Verweigerungshaltung.
  • Weitere Probleme sind Wahn und Sinnestäuschungen sowie Schlafstörungen.

Die rein medikamentöse Behandlung dieser z. T. sehr unangenehmen bis quälenden Symptome, die nicht nur den Patienten betrifft, sondern auch Angehörige, Nachbarn, Mitpatienten, Pflegepersonal usw., basiert auf

- antidepressiven Medikamenten, und zwar (sowohl synthetische als auch das Pflanzenheilmittel Johanniskraut bei Depression und Angst)

- antipsychotischen Medikamenten, auch als Neuroleptika oder Antipsychotika bezeichnet, und zwar gegen psychotische Angst, Agressionen und wahnhafte Reaktionen

- Beruhigungsmitteln (Tranquilizer) bei Angst, Unruhe, Spannung, Agitiertheit (s. o.), aber auch Einschlafstörungen u. a.

- dem Antiepileptikum und Rückfallschutz gegen manisch-depressive Erkrankungen namens Carbamazepin: vor allem bei seelisch-körperlicher Unruhe (s. o.) sowie

- der zum Alkohol- und sonstigen Entzug eingesetzten Substanz Clomethiazol bei Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus im höheren Lebensalter (allerdings nur noch selten genutzt und wenn, dann ausschließlich im Krankenhaus).

Weitere Medikamente, die immer wieder empfohlen werden, sind das spezielle angstlösende Mittel Buspiron und das psychotrope (d.h. auf das zentrale Nervensystem und damit Seelenleben wirkende) Pflanzenheilmittel Kava-Kava/Kavain (jeweils für Angstzustände) sowie die sogenannten Betablocker (neben einer Reihe organischer Heilanzeigen vor allem gegen "körperbetonte Angst-, Unruhe- und Erregungszustände bis zur Aggressivität).

Weitere Einzelheiten würden hier zu weit führen, doch zeigt sich schon bei dieser Aufzählung, dass eine therapeutische Resignation nicht berechtigt ist, zumindest was die seelischen Begleitsymptome einer Demenz anbelangt.

Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass es unverändert belastende und leider auch wenig beeinflußbare Problemfelder gibt, die nicht spezifisch medikamentös angegangen werden können, weshalb eine konsequente Milieugestaltung noch wichtiger ist. Das sind beispielsweise das ziellose Umherwandern, Schimpfkanonaden, Drohungen und andere unangemessene Äußerungen. Ferner die Neigung zu ständigen Wiederholungen in Wort oder Tat, eine gewisse Hypersexualität (auch in Wort oder Tat), das Sammeln und Verstecken von Gegenständen, "öffentliche Ärgernisse" wie Urinieren, Stuhlgang, öffentliches Entkleiden, vom Spiel mit oder gar vom Essen von Stuhl usw. ganz zu schweigen. Natürlich auch Verwirrtheitsfolgen, die nicht nur die Behandlung beeinträchtigen, sondern sogar gefährlich werden können (z. B. das Herausziehen von Kathetern oder Infusionen) usw.

Pharmakotherapie von Gedächtnis- und Orientierungsstörungen

Auf dem Forschungsgebiet der kognitiven Defizite (geistige Einbußen) durch dementielle Prozesse tut sich derzeit einiges, doch gibt es nach wie vor keine "Allheilmittel" - und wird sie wohl auch nie geben. Deshalb gibt man sich inzwischen bescheidener. Das Ziel aller therapeutischen Bemühungen besteht derzeit in einer Linderung der Leistungseinbußen und damit Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Was steht inzwischen zur Verfügung?

  • Vielversprechend sind die zentral-aktiven Stoffe Donepezil sowie die Glutamat- und Calcium-Antagonisten, an deren nächsten Substanzgenerationen weltweit geforscht wird (insbesondere was Zahl und Intensität der Nebenwirkungen anbelangt).
  • Nootropika sind verschiedene Substanzen, die die höheren geistigen Funktionen verbessern sollen und schon länger im Handel sind. Hier scheinen sich die größten Erfolge vor allem bei leichteren Demenzgraden abzuzeichnen. Die bekanntesten Stoffe sind das Piracetam, die Mutterkornalkaloide und das Pflanzenheilmittel Ginkgo biloba.
  • Große Hoffnungen setzt man auch auf die sogenannten Antioxidanzien, zu denen auch die Vitamine A, C und E gehören. Doch auch hierzu ist die Forschung noch nicht abgeschlossen.
  • Da es sich bei den meisten dementiellen Störungen um komplexe Abläufe handelt, bei denen mehrere Störfaktoren einwirken, diskutiert man auch entsprechende Kombinationstherapien. Dies betrifft sowohl einzelne Substanzen untereinander, vor allem aber den kombinierten Einsatz von "chemischen" Hilfen und nicht-medikamentösen Verfahren (s. u.). Mehrere Behandlungssäulen scheinen besser zu tragen. Zu warnen ist allerdings vor einem unkritischen "viel bringt viel", besonders was die medikamentöse Seite anbelangt.

Milieutherapie - Psychotherapie - Soziotherapie

Je begrenzter die Hilfe von pharmakologischer Seite ausfällt, desto intensiver muß die psychologische einspringen. Das sind Milieu-, Psycho- und Soziotherapie.

Hier ist vor allem der Einsatz von Angehörigen, ggf. Nachbarn und Freunden gefordert. Diese müssen aber wissen, wie weit sie fordern ("fördern durch fordern") dürfen und wann sie zu überfordern beginnen. Das ist mitunter eine Gratwanderung. Im allgemeinen aber reicht folgende Erkenntnis:

Der "gesunde Mensch" ist belastbarer als der gesunde alte Mensch und dieser belastbarer als der alte und demente Patient. Man darf also nie von seinen eigenen Möglichkeiten ausgehen und muß eine nicht unerhebliche Labilität auf seelischem, geistigem, körperlichem und psychosozialem Gebiet einkalkulieren.

Mit anderen Worten: Der Bewegungsspielraum ist geringer und bezieht sich nicht zuletzt auf so "banale Aspekte" wie Tages- und Nachtzeit, Sinneseindrücke, Beweglichkeit, Denkgeschwindigkeit, Kontaktaufnahme usw. Die Grenze zwischen Aktivierung und Streß ist fliessend. Stets muß man mit Überraschungen rechnen, je nach Zusatzbelastung, ja Wetter, Klima usw.

Zu den wichtigsten nicht-medikamentösen, d. h. überwiegend psychologisch orientierten Einflußmöglichkeiten gehören:

- Verhaltenstherapeutische Techniken, die sich vor allem auf den Alltag, also "klassische Problemsituationen für Demente konzentrieren (z. B. Baden, Ankleiden, Wasserlassen, Stuhlgang), daneben aber auch Verfahren, die den geistigen Abbau verlangsamen, insbesondere im Frühstadium einer Demenz.

- Tiefenpsychologische Behandlungsformen haben bei Demenzkranken ihre Grenzen. Manchmal sind sie aber eine hilfreiche Ausgangsbasis bei dem Versuch, das Familiensystem zu verstehen und die inneren und äußeren Realitäten zu akzeptieren.

- Bei der Realitätsorientierung werden deshalb auch grundlegende Informationen zu Person, Zeit, Ort usw. trainiert und bei jeder sich bietenden Gelegenheit sogenannte "Realitäts-Anker" angeboten, z. B. optische oder akustische Orientierungshilfen.

- Die Erinnerungstherapie versucht durch Ausnutzung des meist noch gut erhaltenen Langzeit-Gedächtnisses die Erinnerung und damit geistige Aktivität wachzuhalten.

- Musik- und Kunsttherapie zielen ebenfalls auf Gemüt und Kreativität, was wieder "gehoben" und trainiert werden soll.

- Die sogenannte Selbsterhaltungstherapie bekämpft vor allem seelische Verletzungen und damit langwierige Persönlichkeitsveränderungen sowie Erlebnisarmut und den Verlust des "Selbst-Wissens".

- Die Milieutherapie umfaßt den gesamten Wohn- und Lebensbereich, der sich durch entsprechende Informationshilfen auf mehreren Ebenen anpassen muß: Symbole, Farbgebung, "intelligente Möbel", aber auch ältere Ausgaben von Geschirr, Bildern usw., die durch Aktivierung der Erinnerung stimulieren.

- Beim Hirnleistungstraining stehen sich im wesentlichen zwei Auffassungen gegenüber: 1. Gebrauch = Abnutzung und 2. das erwähnte "wer rastet, der rostet". Für beide gibt es Beispiele, wobei für das Gehirn eher letzteres zu sprechen scheint. Dabei gilt jedoch die Erfahrung: Je alltagsnäher "trainiert" wird, desto größer ist der Erfolg. Vor allem müssen beim praxis-bezogenen Lernen mehrere Ebenen gleichzeitig angesprochen werden (verbal, optisch, Geruch, Geschmack, Berührung usw.). Außerdem muß man nicht nur geistig, sondern auch den ganzen Menschen ständig in Bewegung halten. Das ergibt die besten Ergebnisse. Und: Nur Kontinuität sichert den Erfolg. Wer aufhört, fällt zurück. Schließlich: Zuwendung, Kontakt und Freude dabei sind wahrscheinlich wichtiger als der Inhalt der Übungen.

- Körperliche Aktivität ist also unerläßlich, auch wenn alles dagegen spricht (müde, matt, schwunglos, Schmerzen, unwillig usw.). Körperliche Aktivität ist auch angst- und depressionslösend. Allerdings muß man sich hier natürlich nach den gegebenen Bedingungen richten. Am günstigsten ist der "tägliche Gesundmarsch" bei Tageslicht und möglichst "im Grünen", aber auch jede andere angepaßte körperliche Aktivität wie Radfahren, Schwimmen, Eislaufen, Joggen, Tennis und die - erfahrungsgemäß emotional besonders ausgleichende - Gartenarbeit. Interessant ist vor allem der präventive Aspekt: Körperliche Aktivität ist nicht nur vorbeugend (!) angst- und depressionslösend, man hat auch den Eindruck, dass eine lebenslange regelmäßige Bewegung einer Demenz entgegenzusteuern vermag (Slogan: dem Morbus Alzheimer davonlaufen).

- Weitere Behandlungsmaßnahmen sind physikalische und Hydrotherapie (Wassertherapie) sowie Schulter- und Nackenmassage, Kneipp´sche Anwendungen, medizinische Bäder sowie angepaßte Entspannungs-übungen (z. B. unter fachlicher Anleitung Progressive Muskelrelaxation, aber z. B. kaum Autogenes Training).

Ausblick

Depression und Demenz, das sind die beiden Leiden, die im höheren Lebensalter am meisten zu irritieren scheinen. Und in der Tat, sie nehmen zu. Doch das ist kein Grund zur Resignation. Zum einen sind sie auch direkte Folge des gestiegenen Lebensalters, das ja unser aller Wunsch ist - wenngleich am liebsten in völliger bzw. zumindest befriedigender geistiger, seelischer und körperlicher Gesundheit. Doch alles hat seinen Preis. Deshalb gilt es wenigstens die Möglichkeiten zu nutzen, d.h. die Aufklärung und Prävention (Vorbeugung) sowie schließlich Pharmakotherapie, Psychotherapie und soziotherapeutische Verfahren.

Und man sollte - gerade bei der Alzheimer´schen Demenz - die Gnade haben, von Angehörigen und Freunden behutsam aber konsequent darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass es an der Zeit ist, "etwas dagegen zu tun." Wer sich verständnislos, überheblich oder uneinsichtig dagegen stemmt, hat die schlechteren Karten.

Und man sollte generell zwei Alters- oder besser: Lebensweisheiten beherzigen, die schon Jahrtausende alt sind; sie heißen:

"Ich altere wohl, doch täglich lerne ich etwas dazu" (Solon der Weise).

Und eine Volksweisheit, die gerne verdrängt wird, weil man es eben (zu) lange nicht nötig gehabt hat:

"Man altert, wie man gelebt hat".

Literatur

Inzwischen unüberschaubare Fülle wissenschaftlicher Publikationen und Fach-bücher sowie allgemeinverständlicher Beiträge und Sachbücher.

Grundlage vorliegender Ausführungen ist das Kapitel Alzheimer-Demenz aus V. Faust: Seelische Störungen heute. Wie sie sich zeigen und was man dagegen tun kann. Verlag C.H. Beck, München 1999 Unter Mitarbeit von Dr. J. Tenter, Chefarzt der Abteilung Gerontopsychiatrie, Zentrum für Psychiatrie Die Weissenau, Ravensburg

Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
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