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G. Krauthan:
PSYCHOLOGISCHES GRUNDWISSEN FÜR DIE POLIZEI
Verlag Beltz-PVU, München 2004, 4. A., 262 S., € 19,90. ISBN 3-621-27556-8

Über einzelne Polizisten kann man sich ärgern, aber eines ist allen klar: Die Polizei hat es nicht leicht, heute mehr denn je. Wer sich einmal in das komplexe Aufgaben-Gemenge eines Polizeibeamten hinein zu denken versucht, wird bald froh sein, einen anderen Beruf zu haben.

Inzwischen kommt ein neuer Aspekt hinzu: Der ehemalige „Schutzmann an der Ecke von früher„ soll sich in unseren Augen inzwischen zum „alltags-routinierten Polizei-Psychologen in jeder Lage„ mausern. Wenn wir es schon selber nicht schaffen, ständig angepasst zu reagieren, dann doch „wenigstens die Polizei„.

Dass so etwas nicht grundsätzlich voraussetzbar ist, dass auch bei der Polizei „nur„ Menschen arbeiten, denen es am liebsten ist, wenn sich keine dramatischen Szenen aufbauen, das vergessen wir gerne. Trotzdem ist man sich auch in den Führungskreisen der Polizei im Klaren, dass man durch psychologisches Geschick viele unnötig eskalierende Szenen und ihre Konsequenzen rechtzeitig entschärfen kann. Deshalb werden auch Polizisten geschult, von eigenen Psychologen bzw. Dozenten aus allen Bereichen.

Und die müssen sich überlegen, wie sie das essentielle Wissen praxisrelevant rüberbringen, also den schon mehrfach erwähnten Alltag im Auge behalten – und den (psychologischen) Ausbildungsstand ihrer Zuhörer. Das dürfte nicht einfach sein.

Glücklicherweise gibt es dafür inzwischen eine Reihe von Fachbüchern, die sich vor allem dem psychologischen Grundwissen der Polizei widmen. Eines der erfolgreichsten Bücher auf diesem Gebiet, weil bereits seit 1990 konzipiert und inzwischen in 4. vollständig überarbeiteter Auflage erschienen, ist das Lehrbuch des Diplom-Psychologen Günter Krauthan von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern (Fürstenfeldbruck), Fachbereich Polizei. Man sieht es diesem Buch schon beim Durchblättern an: geschrieben von einem psychologischen Experten und Fachmann für die „öffentlichen Sicherheit„, nämlich für die Polizei.

Warum aber wird ein solch offensichtlich spezialisiertes Buch an dieser Stelle besprochen? Weil man die Grund-Aufgabe, an die sich der Autor halten musste, nicht so oft und vor allem so gelungen vorfindet. Und die lautet: psychologisches Wissen allgemein verständlich und auf (kritische) Alltags-Situationen übertragen. Und das ist nicht nur bedeutsam für Polizisten (obgleich es deren Berufsalltag wohl am ehesten betrifft), das ist ggf. wichtig für jeden, der mit anderen Menschen zu tun hat, wobei niemand gegen problematische Situationen gefeit ist. So dürfte es nur wenige geben, die sich von solch potentiellen Schwierigkeiten völlig unberührt wähnen dürfen. Also ein Buch für jeden, der gerne wissen möchte, wie sich „ungute Szenen„ aufschaukeln und wie man sie möglichst folgenlos wieder auslaufen lassen kann.

Freilich gibt es ein solches psychologisches Wissen nicht zum „geistigen Null-Tarif„, man muss sich einlesen, anstrengen, man muss durchhalten, in eigene Situationen übertragen und das Gelernte nutzbringend umsetzen.

Um was geht es (und zwar nicht nur für Polizeibeamte)? Um psychologisches Grundwissen: Wahrnehmung, Lernen und Verhalten, Gefühle, Stress, um Persönlichkeitspsychologie, soziale Urteile oder Einstellungen, um Kommunikation, „Gruppen und Massen„. Und selbst dort, wo sich der Autor auf die Psychologie im Polizeialltag konzentriert, gibt es für jeden interessierten Leser hilfreiche Hinweise: dienstliche Beurteilung von Mitarbeitern, Stress- und Konfliktbewältigung, Umgang mit Aggression und Angst, mit Alkohol- und Drogenabhängigen, mit Persönlichkeitsgestörten und suizidgefährdeten Menschen u. a. Und selbst die Vernehmungs-Psychologie bietet Ansätze, die auch im nicht-polizeilichen Alltag durchaus nutzbringend verwertbar sind.

Abgerundet wird der empfehlenswerte Band durch ein hilfreiches Glossar (von Abwehrmechanismen bis Wir-Gefühl), durch Internet-Adressen zum Thema Psychologie bzw. Psychiatrie, durch weiterführende Literatur und ein ausreichendes Sachregister.

Der Vorteil dieses Buches liegt in dem Bemühen, auch schwierige psychologische Sachverhalte ins Allgemeinverständliche zu übersetzen, und dies noch anschaulich durch zahlreiche Fallbeispiele zu erläutern. Das macht dieses Lehrbuch auch für andere Interessenten empfehlenswert. Wer das nicht glaubt, soll ruhig einmal in ein „richtiges„ Psychologie-Lehrbuch hineinschauen, dann wird er rasch den Wert einer in 14 Jahren und 4 Auflagen bewährten allgemein verständlichen Fach-Information für den Alltag erkennen (VF).

Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
Beachten Sie deshalb bitte auch unseren Haftungsausschluss (s. Impressum).