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H.G. Zapotoczky, P.K. Fischhof (Hrsg.):
PSYCHIATRIE DER LEBENSABSCHNITTE
Ein Kompendium
Springer-Verlag, Wien-New York 2002. 560 S., 29 Abb. € 98,- ISBN
3-211-83589-X

Äußern sich Angst-, Zwangs-, Ess- und Befindlichkeitsstörungen, Depressionen, schizophrene Psychosen, sexuelle und Persönlichkeitsstörungen u.a. in jedem Lebensabschnitt gleich? Mit was ist während Kindheit, Pubertät und Adoleszenz, in den besten und schließlich Wechseljahren, im Rückbildungs- und zuletzt „dritten“ Lebensalter zu rechnen? Was ist mit den Krisenzeiten in der „Lebensmitte“ bzw. „Wendezeit“? Oder so spezielle Fragen: Die Glorifizierung der Kindheit in der Erinnerung älterer Menschen. Oder: Wirken Psychopharmaka in jedem Lebensabschnitt gleich? Oder: Psychologische und sozialpsychiatrische Behandlungsverfahren in einzelnen Lebensabschnitten. Oder - sehr speziell, aber immer bedeutsamer werdend - : Moderne Untersuchungstechniken einer normalen oder krankhaften Hirnfunktion in verschiedenen Altersgruppen u.a.

Nachdem jetzt immer mehr Bücher zu geschlechtsspezifischen Aspekten, insbesondere das weibliche Geschlecht betreffend auf den Markt kommen (und dort großen Anklang finden, was das bisherige Wissensdefizit beweist), ist eigentlich ein Buch über die Seele, psychische Störungen und die psychiatrischen Möglichkeiten und Grenzen im Rahmen der einzelnen Lebensabschnitte überfällig. Zu einzelnen Fragestellungen gab es das schon länger, aber als zusammenfassendes Übersichtswerk, als komprimiertes Handbuch von theoretischen Aspekten über konkrete Fragestellungen von Diagnose, Ursachen und Verlauf bis zu den heutigen Therapiemöglichkeiten, das ist neu.

Und natürlich nicht durch einen einzelnen zu bewältigen. Die Vorteile eines solchen „Viel-Autoren-Buchs“ sind naheliegend, die Nachteile bekannt, spielen aber unter dem Gesichtspunkt der Breite und wissenschaftlichen Tiefe des Informationsangebots keine Rolle. Die einzelnen Kapitel sind gut gegliedert und lesefreundlich aufgebaut, die Informationsdichte ist beträchtlich, aber damit auch ergiebig, es ist ein (z. T.) hochspezialisiertes Fachbuch, aber auch für den Nicht-Fachmann von stellenweise faszinierendem Reiz. Jedes Kapitel wird durch ein (wie üblich meist englischsprachiges) Literaturverzeichnis abgerundet. Das Sachverzeichnis ist ausreichend ergiebig.

Das breite inhaltliche Spektrum ist ungewöhnlich und weckt sofort das Interesse, da oder dort einzusteigen. Den Herausgebern und ihren Autoren ist für die Initiative zu danken, setzt sie doch einen gewissen Mut voraus. Man liest es zwischen den Zeilen, und zwar schon im Vorwort, und noch mehr in einem (an sich in Fachbüchern nicht gerade üblichen) Nachwort. Dort wird noch einmal begründet, weshalb man sich zu diesem Schritt entschlossen hat. Glücklicherweise, denn solch ein Übersichtswerk war überfällig, wird seinen Weg machen und sicher nicht bei der ersten Auflage stehen bleiben. Das erzwingt schon das Leben bzw. die verschiedenen Lebensphasen, denn wie schreiben die Herausgeber treffend (VF):

Ein wesentliches Anliegen dieses Handbuches ist es ... den verschiedenen Lebensphasen und psychischen Entwicklungsprozessen des Menschen ... mehr wissenschaftliche Beach­tung zu widmen als dies bisher der Fall war. Denn erst wenn die Forschung sich bereit findet, Gesetzmöglichkeiten und Besonderheiten im Ablauf des Lebens speziell zu berücksichtigen und zu einer Gesamtschau zu verbinden, wird es möglich sein, Menschen, die vor Konflikten und scheinbar unlösbaren Problemen stehen, lebensverbessernde Anleitungen und Lösun­gen anzubieten ... und eine bessere Lebensqualität zu erzielen.

Zurzeit aber scheint es, als ob wir uns immer noch zu sehr an der Unveränderlichkeit und Gleichförmigkeit des Lebens orientieren, an die wir uns bisher gewöhnt haben. Das Leben aber unterliegt einer ständigen Metamorphose, einer Abfolge von Stadien, deren Kenntnisse uns Lebensgewinn bringen kann. Wir werden mehr vom Leben begreifen, wenn wir seine Wandlungen, denen wir unablässig unterliegen, besser nachzeichnen können (nach P.K. Fischhof u. H.G. Zapotoczky, 2002).

Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
Beachten Sie deshalb bitte auch unseren Haftungsausschluss (s. Impressum).